ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und dessen Diagnose ist seit einiger Zeit ein sehr präsentes Thema. Es wird oft als Herausforderung betrachtet, doch es gibt viele Eigenschaften, die Menschen mit ADHS besondere Stärken verleihen und sie in bestimmten Bereichen besonders kompetent machen.
Hier sind einige Gründe, warum ADHS eine Kompetenz sein kann:
Kreativität und Innovationsfähigkeit
Menschen mit ADHS haben oft eine unkonventionelle Denkweise und können kreative Lösungen für Probleme finden. Ihr Gehirn ist ständig aktiv, was sie zu Ideenmaschinen macht. Viele erfolgreiche Künstler, Unternehmer und Erfinder hatten oder haben ADHS.
Viele erfolgreiche Künstler, Unternehmer und Erfinder haben oder hatten ADHS. Einige wurden offiziell diagnostiziert, andere zeigen viele typische Merkmale. Hier sind einige bekannte Persönlichkeiten, die mit ADHS in Verbindung gebracht werden:
- Thomas Edison (Erfinder der Glühbirne) – War in der Schule unruhig und wurde als „hyperaktiv“ beschrieben.
- Steve Jobs (Apple) – Kein offizieller Nachweis, aber sein kreatives Denken und seine Ungeduld sind typisch für ADHS.
- Leonardo da Vinci (Maler, Erfinder) – Viele Historiker glauben, dass er ADHS hatte, weil er extrem viele Projekte begann, aber oft nicht beendete.
- Mozart (Komponist) – War als Kind sehr impulsiv und zappelig, was heute oft mit ADHS in Verbindung gebracht wird.
- Justin Timberlake (Musiker, Schauspieler) – Hat offiziell bestätigt, dass er ADHS und Zwangsstörungen (OCD) hat.
- Will.i.am (Rapper, Produzent) – Spricht offen darüber, wie ADHS ihm in der Musik geholfen hat.
- Jim Carrey (Schauspieler, Komiker) – Wurde als Kind mit ADHS diagnostiziert und hat es als Stärke genutzt.
- Agatha Christie (Krimi-Autorin) – Hatte laut Biografien Konzentrationsprobleme, was auf ADHS hindeuten könnte.
ADHS-Hyperfokus als Superkraft
Auch wenn Konzentrationsprobleme typisch sind, können Menschen mit ADHS in Themen, die sie interessieren, einen sogenannten „Hyperfokus“ entwickeln. Das bedeutet, dass sie sich über Stunden extrem intensiv mit einer Sache beschäftigen können – oft mit beeindruckenden Ergebnissen.
Hohe Energie und Begeisterungsfähigkeit
Viele Menschen mit ADHS sind außerdem energiegeladen und stecken andere mit ihrer Begeisterung an. Sie bringen Schwung in Teams, können motivieren und sind oft sehr leidenschaftlich bei ihren Projekten.
Risikobereitschaft und Abenteuerlust dank ADHS
ADHS-Betroffene neigen dazu, neue Dinge auszuprobieren und sich auf unbekanntes Terrain zu wagen. Das macht sie oft zu erfolgreichen Unternehmern oder Entdeckern, weil sie keine Angst vor dem Scheitern haben.
Schnelle Auffassungsgabe und Anpassungsfähigkeit
Viele Menschen mit ADHS können sehr schnell neue Informationen aufnehmen und sich an neue Situationen anpassen. Das ist in schnelllebigen Berufen und kreativen Bereichen von Vorteil.
Hohe Empathie und soziale Intuition
ADHS kann auch mit einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz einhergehen. Viele Betroffene sind sehr empathisch, weil sie selbst oft Missverständnisse erlebt haben und sich gut in andere hineinfühlen können.
Was ist ADHS aber überhaupt?
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die sich durch Herausforderungen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität äußert. Sie beginnt in der Kindheit und kann bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.
Die drei Hauptmerkmale von ADHS
1. Unaufmerksamkeit
- Schwierigkeiten, sich über längere Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren
- Leichte Ablenkbarkeit durch äußere Reize
- Vergesslichkeit und Probleme mit der Organisation
2. Impulsivität
- Handeln, bevor man nachdenkt
- Schwierigkeiten, abzuwarten oder sich an Regeln zu halten
- Emotionale Impulsivität (z. B. schnelle Frustration oder Stimmungsschwankungen)
3. Hyperaktivität (muss sich nicht immer äußerlich bemerkbar machen)
- Übermäßige körperliche Unruhe (bei Kindern z. B. Zappeln, Rennen)
- Bei Erwachsenen oft innere Unruhe oder ein starkes Bedürfnis nach Aktivität
Aus diesen Merkmalen und deren Intensivität ergeben sich drei ADHS-Typen:
- Vorwiegend unaufmerksam (früher als ADS bezeichnet) → Weniger hyperaktiv, aber stark zerstreut und vergesslich
- Vorwiegend hyperaktiv-impulsiv → Wenig Probleme mit Unaufmerksamkeit, aber viel innere Unruhe
- Kombinierter Typ → Sowohl Unaufmerksamkeit als auch Hyperaktivität und Impulsivität
Da man heute weiß, dass alle ADHS-Typen mit einer Art Hyperaktivität (physisch oder mental) einhergehen, wird die Bezeichnung ADS in den Diagnosen nicht mehr genutzt. Alle drei ADHS-Typen werden unter der ICD10 F90.x bzw. ICD11 6A05.x geführt.
Ursachen von ADHS
Auch, wenn sich derartige Behauptungen immer noch halten und so zu noch mehr Frust bei allen Beteiligten führen können: ADHS ist keine Erziehungsfrage.
ADHS hat vielmehr biologische Ursachen.
Die wichtigsten Faktoren sind:
- Genetik: ADHS ist stark erblich bedingt
- Neurobiologie: Unterschiede in der Hirnchemie (z. B. Dopaminhaushalt)
- Umweltfaktoren: Stress, frühkindliche Erfahrungen, Ernährung können (!) eine Rolle spielen
Behandlungsmöglichkeiten
Eines vorweg: ADHS kann nicht „geheilt“ werden, aber es gibt Strategien, um besser damit umzugehen:
- Medikamente (z. B. Methylphenidat/Ritalin) helfen vielen Menschen
- Verhaltenstherapie zur Verbesserung von Organisation und Selbstregulation
- Ernährung & Bewegung können unterstützend wirken
- Coaching & Strukturierungstechniken helfen im Alltag
Häufigkeit von ADHS
Aktuell ist ADHS immer wieder medial vertreten, so dass der Eindruck entstehen kann, dass die Zahl der Betroffenen enorm ist. Einige bezeichnen die Vielzahl an Neu-Diagnosen auch als „Modediagnose“ und sprechen den Betroffenen damit einen etwaigen Leidendruck ab.
ADHS ist aber tatsächlich eine der häufigsten neurobiologischen Entwicklungsvarianten und tritt weltweit auf. Die genaue Häufigkeit variiert je nach Studien und Diagnosekriterien, aber hier sind die wichtigsten Zahlen:
ADHS bei Kindern
- Etwa 5–7 % aller Kinder weltweit haben ADHS.
- Jungen werden etwa zweimal häufiger diagnostiziert als Mädchen, was zum Teil daran liegt, dass ADHS bei Mädchen oft anders aussieht (weniger Hyperaktivität, mehr Unaufmerksamkeit).
ADHS bei Erwachsenen
- Etwa 2–5 % der Erwachsenen haben ADHS.
- Viele Betroffene werden erst spät diagnostiziert, da ADHS-Symptome im Erwachsenenalter anders wirken (z. B. eher innere Unruhe als Hyperaktivität).
Auch bei der Diagnose im Erwachsenenalter ist die Diagnostik bei und für Frauen häufiger schwieriger. Das liegt zum einen an den Unterschieden in der Symptomatik, zum anderen aber auch daran, dass viele Frauen während ihres Heranwachsens gelernt haben, sich anzupassen. Das so genannte „Maskieren“ ermöglicht einen weitgehend unauffälligen Alltag, der jedoch häufig nur oberflächlich Bestand hat.
Warum variiert die Häufigkeit je nach Studie?
- Die Diagnose hängt davon ab, wie ADHS definiert wird (DSM-5, ICD-11 usw.).
- Manche Menschen haben ADHS, aber keine offizielle Diagnose.
- Mädchen und Frauen werden oft übersehen, weil ihre Symptome subtiler sind.
ADHS ist relativ häufig und betrifft sowohl Kinder als auch Erwachsene. Die Zahlen zeigen, dass es keine seltene „Störung“ ist, sondern eine normale Variation der menschlichen Neurologie.
Als Störung wird ADHS bezeichnet, weil es in bestimmten Bereichen des Lebens (z. B. Schule, Arbeit, soziale Beziehungen) zu Schwierigkeiten führen kann. Der Begriff „Störung“ bedeutet in der Medizin, dass etwas von der „Norm“ abweicht und zu Problemen führt – aber das bedeutet wie bereits erwähnt nicht, dass ADHS nur negativ ist.
Warum wird ADHS als Störung klassifiziert?
- Beeinträchtigungen im Alltag
- Konzentrationsprobleme in der Schule oder bei der Arbeit
- Schwierigkeiten mit Organisation und Zeitmanagement
- Impulsives Verhalten, das zu Konflikten führen kann
- Medizinische und neurologische Grundlage
- Studien zeigen, dass ADHS mit einer veränderten Hirnchemie (v. a. Dopamin- und Noradrenalin-Haushalt) zusammenhängt
- Bestimmte Hirnareale (z. B. der präfrontale Kortex) arbeiten anders als bei Menschen ohne ADHS
- Diagnostische Kriterien
- ADHS wird im Diagnosehandbuch DSM-5 und der ICD-1=&11 der WHO als psychische Störung gelistet
- Ärzte und Psychologen verwenden diese Kriterien, um eine Diagnose zu stellen
Ist ADHS also wirklich eine Störung?
Oder einfach eine andere Art zu sein? Diese Frage lässt sich nicht einheitlich beantworten. Viele Menschen, insbesondere mit der Diagnose ADHS, sehen ihre ADHS nicht als reine Störung, sondern als neurodiverse Variante des Gehirns. Das bedeutet: Das Gehirn funktioniert einfach anders – nicht besser oder schlechter, sondern mit eigenen Stärken und Herausforderungen. Auch ich persönlich sehe ADHS nicht als Störung, weswegen ich mir erlaube, diese Bezeichnung in Anführungszeichen zu verwenden.
ADHS wird als Störung klassifiziert, weil es in der heutigen Gesellschaft oft zu Problemen führt – vor allem in einem Umfeld, das viel Struktur und Konzentration erfordert (z. B. Schule oder Büroarbeit). Aber wenn man ADHS richtig versteht und die eigenen Stärken nutzt, kann es auch eine Kompetenz sein. Zur Erinnerung:
- Kreativität: Viele Menschen mit ADHS haben innovative Ideen
- Hyperfokus: Bei Interesse können sie sich extrem gut auf eine Sache konzentrieren
- Energie & Begeisterung: Sie sind oft sehr leidenschaftlich bei Dingen, die sie mögen
- Spontanität & Flexibilität: Sie denken schnell und sind offen für Neues
Fazit:
ADHS kann Herausforderungen mit sich bringen, aber wenn man die Stärken erkennt und gezielt einsetzt, kann es eine enorme Kompetenz sein. Viele erfolgreiche Menschen haben gelernt, ihre ADHS-bedingten Fähigkeiten in Beruf und Alltag als Vorteil zu nutzen.
Wie siehst du das? Ist ADHS für dich eher Fähigkeit oder Störung?