Mobbing ist ein präsentes Thema. Eine bestimmte Art davon ist das „Bossing“:
„Bossing“ bezeichnet Mobbing, das von Vorgesetzten ausgeht – also eine Form von Macht- und Machtmissbrauch gegen Mitarbeitende. Es umfasst wiederholte Demütigung, ungerechtfertigte Kritik, systematisches Ausgrenzen, absichtlich unrealistische Zielvorgaben oder Ressourcenentzug.
Ziel ist das Untergraben der Mitarbeitenden – was zu Stress, Leistungsabfall und langfristig psychischen Gesundheitsschäden führen kann.
Wie verbreitet ist Bossing?
- Etwa 61–66 % der Bullying-Fälle am Arbeitsplatz stammen von Vorgesetzten.
- 70 % der Mobbingattacken im Betrieb beginnen in der Führungsebene .
- In Deutschland geht man davon aus, dass Bossing in 40 % aller Mobbingfälle von oben heraus geschieht – tendenziell sogar bis zu 70 %.
Wer sind die Täter beim Bossing?
Bossing ist kein Zufall, sondern fast immer Ausdruck einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur in Verbindung mit einer Gelegenheit zur Machtausübung. Es betrifft Führungskräfte aller Hierarchiestufen – vom Teamleiter bis zur Geschäftsführung. Doch: Nicht jeder Chef wird automatisch zum Mobber. Es braucht bestimmte innere Dispositionen und ein Umfeld, das dieses Verhalten duldet oder sogar fördert.
Die „klassischen“ Tätercharaktere:
- Narzissten
Sie brauchen ständige Bewunderung, können schlecht mit Kritik umgehen und müssen um jeden Preis ihr grandioses Selbstbild erhalten. Kritik oder kompetente Mitarbeiter werden zur Gefahr – also entwertet man sie gezielt. - Machiavellisten
Für sie zählt nur das eigene Fortkommen. Andere sind Schachfiguren auf dem Karrierebrett. Sie mobben aus strategischen Gründen: um sich unentbehrlich zu machen, Konkurrenz zu beseitigen oder Missstände zu verschleiern. - Psychopathisch geprägte Führungskräfte
Bei ihnen fehlt jede Form von Mitgefühl oder schlechtem Gewissen. Sie setzen Einschüchterung und emotionale Kälte gezielt ein, ohne dabei je aus der Ruhe zu geraten. - Verdeckte Unsicherheits-Bossinger
Sie wirken oft charmant, jovial oder kumpelhaft, doch im Kern fürchten sie Kontrollverlust. Kritik empfinden sie als persönlichen Angriff. Ihr Bossing ist subtiler – z. B. durch ironische Herabsetzungen, doppeldeutige Komplimente oder gezielte Auslassungen.
Bossing: Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tätern
Auch wenn beide Geschlechter bossen, gibt es markante Unterschiede im Stil, der Motivation und den Methoden:
Männer als Täter
- Studien zeigen: Männer neigen häufiger zu offen aggressivem Bossing – sie bevorzugen direkte Herabsetzung, autoritäres Verhalten, Abwertung in Meetings und laute Auseinandersetzungen.
- Typisch sind:
- Demütigende Kommentare vor Dritten
- Öffentliches Bloßstellen
- Übermäßiger Leistungsdruck („Wenn du das nicht bis Freitag fertig hast, brauchen wir hier nicht mehr reden.“)
- Drohungen und subtile Einschüchterung („Ich werde mir genau überlegen, ob du hier richtig bist.“)
- Männer setzen öfter auf Macht durch Einschüchterung und Dominanzverhalten.
- Oft steht Statusangst dahinter: männliche Bossinger reagieren besonders sensibel auf jüngere, kompetente Männer oder Frauen in Aufstiegspositionen.
Frauen als Täterinnen:
- Weibliche Bossinger agieren subtiler, indirekter und häufig sozial manipulativ – bekannt als relationale Aggression.
- Typische Strategien:
- Ausschluss aus Informationen („Oh, das hast du nicht mitbekommen? War wohl Pech.“)
- Gerüchte und Rufschädigung („Man sagt, du bist nicht belastbar – stimmt das?“)
- „Frenemy“-Verhalten: vordergründige Freundlichkeit bei gleichzeitiger Sabotage.
- Isolieren durch Koalitionen: Mit anderen Mitarbeitenden wird ein „innerer Kreis“ gebildet, der das Opfer systematisch ausschließt.
- Frauen als Täterinnen nutzen oft emotionale Abhängigkeiten und soziale Netzwerke innerhalb der Firma als Waffen.
- Besonders betroffen sind hier oft andere Frauen – vor allem solche, die als „bedrohlich“ empfunden werden (jünger, kompetent, beliebt).
Gemeinsame Bossing-Motive von Männern und Frauen
Unabhängig vom Geschlecht liegen dem Bossing meist ähnliche Motive zugrunde:
Motiv | Männliche Ausprägung | Weibliche Ausprägung |
---|---|---|
Kontrollverlustangst | Harte Autorität, Mikromanagement | Subtile Kontrolle über Beziehungen/Informationen |
Karriereangst | Konfrontative Abwertung, Konkurrenz ausschalten | Rufschädigung, Ausgrenzung |
Selbstunsicherheit | Überhebliche Fassade, Dominanzverhalten | Verdeckte Sticheleien, doppeldeutige Kommentare |
Neid | Männlicher Neid auf Erfolg/Karriere | Weiblicher Neid auf Beliebtheit/Ausstrahlung |
Verteidigung des eigenen Status | Offene Angriffe, Überforderungstaktik | Soziale Isolierung, subtile Destabilisierung |
Warum unterscheiden sich die Methoden?
Die Unterschiede sind teils biologisch, teils sozial bedingt:
- Männer wurden in vielen Kulturen auf direkte Wettkämpfe und offene Dominanz sozialisiert.
- Frauen hingegen wurden oft in indirekte Konfliktlösungsstrategien sozialisiert, bei denen Beziehungen und soziale Strukturen zentral sind.
- Frauen befürchten zudem häufiger, dass offene Aggression sie sozial abstraft („zu dominant“, „unsympathisch“), daher agieren sie versteckter.
Fazit zum Täterprofil:
Nicht jede*r Vorgesetzte wird zum Bossinger. Aber:
- Macht + narzisstische Kränkung + fehlende Kontrolle = giftige Mischung.
- Während männliche Täter oft laut, direkt und konfrontativ vorgehen, nutzen weibliche Täterinnen eher subtile, emotionale und soziale Waffen.
- Beides ist hochgradig destruktiv und für Betroffene gleichermaßen schädlich.
Bossing kann nur wirksam bekämpft werden, wenn man die feinen Unterschiede der Täterprofile erkennt und nicht allein auf plumpe „Schreihälse“ achtet – sondern auch auf die leisen, giftigen Mechanismen.
Wer ist betroffen?
- Frauen melden sich häufiger als Mobbing-Opfer – teils weil sie eher polarisierte Machtpositionen besetzen und deswegen angreifbarer sind.
- Untersuchungen zeigen: 57 % aller Mobbingopfer sind Frauen, während Männer häufiger Täter sind (60 %).
- Interessanterweise ist es auch so, dass sich Frauen gegenseitig mobben – insbesondere Frauen in Führungspositionen – teils als Reaktion auf interne Machtkämpfe oder aufgrund struktureller Unterschiede .
Reaktionen auf Bossing
- Männer neigen zu konfliktsteigerndem Verhalten – sie gehen aktiver gegen Aggression vor und steigern das Eskalationsrisiko.
- Frauen hingegen suchen eher emotionale Unterstützung oder vermeiden die Situation .
Woran erkenne ich Bossing und Tätertypen?
Kommunikation:
- Häufige abwertende Bemerkungen, Spott, Ironie auf deine Kosten.
- Wichtige Informationen werden gezielt vorenthalten.
- Du wirst in Besprechungen übergangen, ignoriert oder lächerlich gemacht.
Verhalten:
- Permanente, kaum erfüllbare Anforderungen – deine Arbeit wird nie gut genug bewertet.
- Plötzlicher Entzug von Aufgaben, Verantwortung oder Projekten.
- Ausgrenzung aus sozialen oder fachlichen Zusammenhängen.
- Fehlersuche: Der Chef lauert förmlich auf Fehler, um sie aufzubauschen.
Gefühl:
- Ständige Unsicherheit, Angst vor Fehlern oder Missbilligung.
- Gefühl von Isolation im Team.
- Das eigene Selbstvertrauen nimmt spürbar ab.
Typische Täter-Persönlichkeit:
- Erträgt keine Kritik, geht nie in Selbstreflexion.
- Braucht viel Bewunderung und Loyalität – duldet keinen Widerspruch.
- Geht entweder aggressiv oder manipulativ gegen „unangenehme“ Mitarbeiter vor.
- Neigt zu Doppelmoral: Nach außen freundlich, intern toxisch.
Typische Vorgehensweisen & Praxisbeispiele: Männer vs. Frauen beim Bossing
Männliche Bossinger: Die Dominanten
Stil: Direkt, konfrontativ, hierarchisch.
Vorgehensweise | Praxisbeispiel |
---|---|
Öffentliche Demütigung | In einem Meeting ruft der Chef: „So schwer kann das doch nicht sein! Das hätte mein Praktikant besser gemacht!“ |
Leistungs- und Überforderungstaktik | Ein Mitarbeiter bekommt plötzlich unrealistische Deadlines oder Aufgaben, die außerhalb seiner Kompetenz liegen – später heißt es: „Nicht belastbar.“ |
Lautstarke Konfrontationen | Der Chef schreit bei Kleinigkeiten, klopft auf den Tisch oder droht mit Abmahnungen. |
Rollen- und Machtspielchen | Ein Teammitglied wird konsequent nicht ernst genommen, abgewertet oder auf unwichtige Aufgaben reduziert. |
👉 Männliche Bossinger nutzen Machtdemonstration, Einschüchterung und offene Kränkungen. Oft werden sie aktiv, wenn sie sich durch fachliche Kompetenz oder Persönlichkeit des Opfers bedroht fühlen.
Weibliche Bossinger: Die Subtilen
Stil: Indirekt, manipulierend, beziehungsorientiert.
Vorgehensweise | Praxisbeispiel |
---|---|
Gerüchte und Rufschädigung | „Ich weiß ja nicht, ob XY den Stress aushält – sie wirkt oft so instabil…“ (wird beiläufig im Kollegenkreis gestreut). |
Ausschluss aus Informationen | Ein Teammeeting wird anberaumt – das Opfer wird nicht informiert oder eingeladen. |
Soziale Isolierung | Wichtige Entscheidungen werden ohne die betroffene Person getroffen, sie wird nicht zu Teamaktivitäten eingeladen. |
Doppelbödige Freundlichkeit | „Das hast du ganz gut gemacht… für deine Verhältnisse.“ – immer mit einem süffisanten Lächeln. |
„Gaslighting light“ | Betroffene werden ständig daran zweifeln gelassen, ob sie etwas falsch verstanden haben („Ich hab dir das doch gesagt – oder? Vielleicht warst du unkonzentriert.“). |
👉 Weibliche Bossinger nutzen häufig soziale Mechanismen und emotionale Manipulation. Oft ist der Druck subtiler, das Ergebnis jedoch ebenso zerstörerisch.
Woran merke ich: Hier läuft Bossing – nicht einfach nur schlechte Führung?
❌ Einmalige Konflikte ≠ Bossing.
✅ Bossing ist systematisch, über längere Zeit, mit dem Ziel der Ausgrenzung, Herabwürdigung oder Entlassung.
Besonders gefährlich sind Täter, die sich nach außen perfekt verkaufen – freundlich zu Kunden und Vorgesetzten, aber perfide im internen Verhalten.
Was kann ich tun? (Kurzversion)
- Dokumentation: Alles schriftlich festhalten (Zeit, Ort, Zitate, Zeugen).
- Vertrauenspersonen: Kollegen, Betriebsrat, externe Beratung.
- Selbstschutz: Grenzen setzen, evtl. Wechsel der Abteilung oder Rechtsberatung.
- Psychische Gesundheit: Unterstützung suchen – z. B. über Coaching, Therapie oder Anti-Mobbing-Beratungsstellen.